INFO – Sind wir vorbereitet für ein bedingungsloses Grundeinkommen?

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Mit bedingungslosem Grundeinkommen?

Sind wir vorbereitet?

Zurück in die Zukunft: Lesen Sie im Tagebuch von Fredy Gestern

 

Die Abstimmung

Am 19. Juni 2016 haben die Schweizer Stimmberechtigten die Initiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen überraschend klar mit über 57 % Ja-Stimmen angenommen.

Der politische Prozess

Zehn Jahre brauchte das Parlament, um die Gesetze zu verabschieden. Ein erster Gesetzesentwurf von 2019 beinhaltete ein symbolisches Grundeinkommen von CHF 1500, zudem sollte es von Lohnabgaben und Einkommenssteuern bezahlt werden. Das wäre wohl schlechter als gar kein Grundeinkommen gewesen, deshalb wurde der Entwurf mit einem Referendum bekämpft. Am Schluss setzte sich die Finanzierung eines Grundeinkommens von CHF 2500 mit folgendem Schlüssel zusammen: 70 % der Gelder sollten mit Konsumsteuern, 20 % mit Lenkungsabgaben und 10 % aus Vermögens- und Erbschaftsabgaben und einer neuen Finanztransaktionsabgabe finanziert werden. Das Gesetz dazu wurde 2023 vom Volk angenommen.

EinführungZeitplan

 

Richtlinien für die Lohngestaltung

Der Bund hatte eine Richtlinie für die Höhe der Löhne mit bedingungslosem Grundeinkommen herausgegeben. Viel Klarheit brachte die Grundeinkommens-App, mit der alle ihr neues Erwerbseinkommen und das Auskommen inklusive Grundeinkommen rechnen konnten, wenn sie ihren aktuellen Lohn eingaben. Die resultierenden Zahlen waren keine Vorschrift, aber die Basis für die Lohnverhandlungen.

Die Organisation

Die verschiedenen Bundesstellen hatten nun bis Ende 2025, etwas mehr als 2 Jahre, Zeit für die Vorbereitung. Das ging erstaunlich einfach. Die bestehenden Organisationen mussten sukzessive für die neuen Aufgaben umorganisiert werden.

Die Eidgenössische MWST-Verwaltung musste die Gelder bei den Unternehmen
einziehen. Sie konnten dazu natürlich das Know-how vom Einzug der Mehrwertsteuer nutzen.

Die AHV wurde mit der Auszahlung beauftragt. Das war zwar mengenmässig zu Beginn eine Herausforderung, aber auch hier konnten die Mitarbeitenden ihr Wissen aus den AHV-Zeiten einbringen. Die IV konnte einen Grossteil der IV-RentnerInnen direkt der Auszahlungsstelle übergeben, all diejenigen, welche inkl. Hilfsleistungen bisher 2500 CHF oder weniger erhalten hatten.

Die IV wurde in «Amt für bedingte Zusatzleistungen» (BZL) umgetauft. Für IV-BezügerInnen, die mehr als das bedingungslose Grundeinkommen brauchen, wurden in einer ersten Phase die Differenz für Hilfsmittel automatisch zusätzlich ausbezahlt. BZL-SpezialistInnen werden künftig immer noch individuelle Zusatzgelder bewilligen.

Die Mitarbeitenden aus den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) wurden teilweise zum BZL übernommen. Sie bleiben zuständig für Leute, die ihre Erwerbsarbeit verlieren, und bewilligen die Arbeitslosengelder, welche allerdings wegen dem Grundeinkommen wesentlich tiefer sind. Sofern erwünscht, vermitteln sie weiterhin Menschen ohne Arbeit. Aber das Ganze ist freiwillig geworden. Die ALV-Unterstützung fällt wie früher nach ca. 18 Monaten weg, wenn keine neue Erwerbsarbeit gefunden wurde. Und die Mitarbeitenden der Sozialämter müssen sich kaum noch um Geld kümmern, denn das bedingungslose Grundeinkommen hat die finanzielle Situation ihrer KundInnen drastisch verbessert. Manche wollten zwar ihre Gelder weiterhin vom Sozialamt verwalten lassen. Aber in den meisten Fällen ist dies freiwillig. Die SozialarbeiterInnen können ihre sozialen Kompetenzen weiterhin in den Dienst von Bedürftigen stellen .

Einführung in Stufen

Die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens verlief ausgesprochen ruhig. Ausser ein paar Diskussionen ging das Leben fast gleich weiter. Da das bedingungslose Grundeinkommen stufenweise über 10 Jahre eingeführt wurde, merkte man kaum etwas davon. Am Anfang war alles beim Alten. Die ersten CHF 250 Grundeinkommen wurden für viele durch eine Lohnreduktion kompensiert. Nach etwa 6 Jahren gab es vermehrt Kündigungen und es wurden neue Firmen gegründet, darunter viele von Frauen, die den neuen finanziellen Spielraum nutzten. Die Arbeit ausserhalb und im Haus wurde neu organisiert und umverteilt. Einige Firmen bekamen Schwierigkeiten, Mitarbeitende zu beschäftigen. Insbesondere Handwerkerinnen, Pflegefachkräfte und Hilfskräfte waren immer gesuchter. Diese Löhne stiegen in der Folge, und die Stellen wurden wieder besetzt. Im Detailhandel wurde viel investiert. Der Warenfluss funktionierte fast vollautomatisch. Nur an Verkaufstheken und bei der Kasse sind Mitarbeitende anzutreffen. In diesen Berufen gab es immer mehr Teilzeitangestellte

Neue alte Probleme

Nicht alle Probleme waren mit dem bedingungslosen Grundeinkommen gelöst. Es gab Menschen, die ihre Arbeit verloren hatten und mit dem Grundeinkommen zwar genug zum Leben hatten, aber nicht so recht wussten, was sie mit ihrer Zeit anfangen sollten. Die Leute vom Sozialamt schauten öfter mal vorbei, aber nicht alle liessen sich helfen. Aber zum Glück wurde das private Beziehungsnetz wieder enger geknüpft. Viele nahmen sich mehr Zeit für soziale Kontakte im Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis. .

Das Resultat

Es ging ein frischer Wind durch die Gesellschaft. Vor allem junge Menschen zwischen 25 und 45 Jahren waren voller Tatendrang. Neue Dinge wurden versucht, manche verdienten gutes Geld, weil sie Nischenjobs übernahmen. Andere erprobten neue Lebensformen. Musik und Kunst und Kleingewerbe blühten auf. Die Betreuung von Kindern wurde oft spontan neu organisiert und auf mehr Schultern verteilt. Natürlich gab es immer noch einige, die sich egoistisch verhielten.

Das bedingungslose Grundeinkommens wurde mit typisch schweizerischer Perfektion eingeführt und ist so zu einem Erfolg geworden. Nicht zuletzt, weil sorgfältig geprüft wurde, ob alles nach den Grundideen des bedingungslosen Grundeinkommens ablief und laufend kleine Korrekturen am System vorgenommen wurden. Die Vorschläge einer Taskforce wurden vom Parlament diskutiert und soweit nötig laufend in die Gesetze übernommen. .

Besonders interessant ist ein Nebeneffekt, den die meisten unterschätzt haben. Die Gesundheitskosten haben sich, entgegen dem jahrzehntealten Trend, ab dem 6. Jahr der Einführung Jahr für Jahr reduziert. Die Krankenkassenprämien wurden bereits um fast 25 % zum Höchststand reduziert. Die sozialen Bindungen haben sich zudem verbessert. So ist es fast normal, dass ältere oder kranke Menschen nicht nur von der eigenen Familie, sondern oft auch von Nachbarn unterstützt werden. Dementsprechend hat der Bedarf für Pflegepersonal leicht abgenommen, und auch der Leistungsdruck in diesen Berufen ist nicht mehr mit früheren Zeiten zu vergleichen.

 

Hintergründe

Die Schweiz ist organisatorisch sehr gut vorbereitet für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Der Schlüssel für eine erfolgreiche Einführung ist die Finanzierung. Diese muss so gestaltet sein, dass die Menschen die Abgaben im Alltag gar nicht spüren. Die Idee Grundeinkommen ist nicht in erster Linie eine Frage des Geldes, sondern eher das Menschenrecht für „bedingungsloses Leben“. In einer Gesellschaft des Überflusses sind künstliche Mangelsituationen reine Machtinstrumente und keine Notwendigkeit mehr.

 

 

 

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